Über das Handwerk zur Kunst

1978 hatte ich von Kunst noch wenig Ahnung.   Aber ich wollte etwas bewegen und schaffen. Als Motivation

und Beschleunigung nutzte ich die erstbeste Möglichkeit und wechselte vom Kaufmännischen zum Hand-

werklichen. Hier nun, dieses archaische Boot wurde mein Gesellenstück. Daraufhin die Chance und der

Auftrag, damit als Fährmann zur Roseninsel, dem bayrischen Staat seine königliche Insel bei Feldafing im

Starnberger See behutsam aus ihrem Dornröschenschlaf zu erwecken. Das setzte mich fortan der Neugier

und dem Anspruch meiner Passagiere aus, die Geschichte und Geschichten dieses Eilandes zu erforschen

und zu erklären. Von da an verstand ich mich dann wohl als Künstler, denn alles Geheimnisvolle erschließt

sich doch am Leichtesten in kreativer Einfühlsamkeit. In diesen Jahren des "Übersetzens" zwischen Inselwelt

und Festland begann meine "dritte Lehrzeit" bei einem Meister, dessen Schüler ich noch heute bin: Der Natur!

Von dort nehme ich am liebsten meine Aufträge entgegen. Denn wer sich als Mensch selbst als Wunder der Natur oder als Gottesgeschöpf versteht, sucht gern in Andeutungen schon zu erahnen, ein manchmal vielleicht verstecktes Geheimnis entdecken, deuten und enthüllen zu können. Für mich realisierte sich das in der Lebens- Wachstums- und Erscheinungswelt der Bäume, deren oft so körperhafte Ausdruckskraft mich schon früh in ihren Bann zog. Denn die Welten meiner Kindheit lagen über viele Jahre in Wäldern, Mooren und an Seeufern.




Holz als Ausgangsmaterial für Skulpturen erhält gegenüber anderen Werkstoffen dann eine besondere

Qualität,  wenn  Bewegungen  und  innere Spannungen  einer  Baumpersönlichkeit,  die  beispielsweise

über die Faser oder Rinde zutage treten,  das skulpturale Thema elementar mitgestalten.  Die Fähigkeit

des Menschen, Symbole zu bilden und zu verstehen, hat sich nicht unerheblich in der  Anschauung von

Baumgestalten entwickelt.   Weil   uns die  Wachstumserscheinungen  eines  Baumes  die  Gesetze einer

anderen  Lebenswelt  offenbaren,  lassen  sich über die skulpturale Widerspiegelung seines Innenlebens

Beziehungen darstellen,  die  uns  neue Sehweisen  eröffnen.   Der  fasergetragene  Bewegungscharakter

eines Baumes kann den Bildhauer innerhalb eines Werks zu einer so ausgeprägten Gestaltungsharmonie

führen,  dass  es  auch reizvoll sein kann,  die gefundene Gestalt,  (wie z.B. oben),  in Bronce auszuführen.

 Als  besonders ergiebig für "fasergetragene Themen"  haben  sich Baumgestalten  erwiesen,  die ein unter-

schwelliges Geheimnis in ihrer Bewegungstheatralik bergen. Dieses darf infolge bildhauerischer Bearbei-

tung betont, nicht aber zerstört werden. Alle dargestellten Arbeiten folgen dieser "Art von Skulpturnatur"

        Es besteht kein Zweifel, dass entsprechendes Arbeiten auch mit geeignetem Stein erfolgreich sein kann.






Entstehung und Symbolfindung


(am Beispiel der mehrteiligen Skulptur "Partnerschaft im Feuer")

 Die Arbeit entstand über den Zeitraum eines Jahres im fast täglichen Intervall zwischen Bildhauerei und literarischer Arbeit.    Das schriftstellerische Projekt - ein

Buch über die Provence - wird erwähnt, weil Impulse provencalischen Lebens und Anregungen aus dem Studium seiner Kulturgeschichte intuitiv bei der bildhaue-rischen Formenfindung mitspielten. Am Anfang stand ich vor der verkohlten Ruine eines Maulbeerbaumes.    Die Flammen schienen da hineingeschlüpft und darin erstarrt zu  sein. Damit war mir die Idee, Feuer zu modellieren eingegeben.   Vier verkohlte Türme umschlossen eine ahnungsvolle Aushöhlung. Da ein  Spalten des Stammes beim Abtragen im Erdloch fast unumgänglich war, zerfiel das Feuer von Anfang an in eine vierköpfige Familie.   In der Werkstatt begann dann wochenlan-

ges Befreien von  Kohle, Rinde und Kambium.   Viele Stunden sogen. "Untätigkeit" folgten, in welchen ich nur den Faserverlauf betrachtete und die Holzkörper nach

 ihren Möglichkeiten abtastete.    Mit den Messern untersuchte ich erst die kleineren Abspaltungen, um an ihnen nur Variationen zum Hauptthema "Feuer" zu üben. 

Bei der großen Flamme bereitete mir die Gestaltung der Basis viel Kopfzerbrechen.   Doch der Besuch vieler geschichtsträchtiger Ruinen in der Umgebung, wie z.B. Lacoste oder Les Baux, spiegelte mir vor, wie ein Abgrund und wie Ruinen angedeutet werden können, über denen sich eine so gewaltige Flamme erhebt. Es ist eine hineinversteckte Hand, die das große Feuer legt.  Aber jener Hand, die zugleich Schoß ist, scheinen auch die vermessenen Wände entsprungen, die so jäh ins Nichts aufragen. Dass die Flamme aber nicht nur Zerstörer, sondern auch schöpferischer Verwandler ist, wird durch ihre Gesamtform sichtbar, die einer Blume gleicht.  Bei

der Fertigstellung des zweiten Hauptteiles zwangen mich verschiedene Vorgaben im Material zu tieferen Einschnitten und Durchbrüchen. Dabei fand ich zu weiche-

ren und runderen Körperformen.     Bei der Gestaltung des Gesichtes über einer stolzen Schulter orientierte ich mich an Kunstleistungen der Steinzeit- und Bronce-zeitmenschen.  Als Beispiel diente mir ein Stelengesicht, das auf einer Bronceplatte in der Umgebung gefunden worden war. Gegen die Schulter der etwas sphinxhaf-

ten Gestalt preßt sich eine schwörende Hand.  Nach Fertigstellung fand ich, dass das Werk als ein Teil mit männlichem Charakter und weiblichem Nebenzug betrach-

tet werden kann und im zweiten Teil als eher weibliches Wesen mit männlichem Nebenzug. Die Nahtstellen zwischen den Abspaltungen hatte ich unberührt gelassen, sodass sich alle vier Teile nahtlos wieder hätten zu einem Ganzen fügen lassen.  Doch obwohl von Anfang an Bohrungen und Stifte für den Zusammenbau vorgesehen waren, widerstrebt mir bis heute, die  beiden Hauptgruppen ganz zu vereinigen.  Sie bilden zwar gemeinsam mehr als nur einen Halbkreis, bleiben jedoch lieber nach

   außen offen.



Auf den Folgeseiten (ab Galerie) finden Sie weitere Beispiele von Skulpturnatur.

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